Erinnerungen

Leise steh ich auf und geh ans Fenster,
erschöpft nach dieser Liebesnacht.
Das Mondlicht scheint auf dein Gesicht,
dein Lächeln es noch schöner macht.

Ich schau hinaus auf die nassen Straßen,
mein Herz ist schwer und ohne Ruh'.
Und gepeinigt durch bittere Gedanken
mache ich die Augen zu.

Eine neue Liebe glaubte ich gefunden,
an deiner Seite ein neues Glück.
Doch die Gespenster der vergang'nen Jahre
holen mich ein, - halten mich zurück.

Es ist Jahre her seit ich glücklich war,
er war sehr jung, als er zu mir kam.
Wild war er wie ein junges Fohlen,
und nur im Bett, da wurde er zahm.

Wir schafften uns ein eig'nes Heim,
gemeinsam gingen wir durch's Leben.
Der Schatten, hängend über unserem Glück,
ihm wollten wir den Laufpaß geben.

Doch der Schatten breitete sich aus,
bedrohlich spreizte er die Schwingen.
Und mein Bitten wurde zum Flehen,
doch kein Wort konnte zu ihm dringen.

Mit Liebe glaubte ich zu helfen,
Herr zu werden dieser Sucht.
Ich hatt' gebetet und gehofft,
mit Liebe hatte ich's versucht.

Eines nachts, als ich nach Hause kam,
es war in einer Nacht wie dieser,
holten sie ihn g'rade aus dem Haus,
ich sah ihn nie mehr wieder.

Er sah so aus als schliefe er,
so wunderschön war sein Gesicht.
Eine entsetzliche Leere machte sich breit,
doch weinen konnte ich nicht.

Ich öffne die Augen, schau' aus dem Fenster,
ich höre ein Seufzen hinter mir.
Eine Hand legt sich auf meine Schulter,
eine starke Hand, sie gehört dir.

Deine starken Arme umschlingen mich,
du ziehst mich sanft zu dir heran.
Ein zärtliches Lächeln auf deinem Gesicht,
während von meinem eine Träne rann.

©  Carolin Gröhl (1990)